13 April 2024, Berlin
Statement zu den staatlichen Repressionen gegen den Palästina Kongress
Die staatlichen Repressionen gegen den Palästina Kongress zeigen, dass der deutsche Staat nicht will, dass wir seine Mitschuld am Genozid in Gaza ansprechen und anklagen. Während die deutsche Regierung schamlos und vor den Augen der Welt einen Völkermord unterstützt, werden demokratische Rechte hier in Deutschland ausgehebelt, um Proteste von Jud:innen und Palästinenser:innen, die einen Waffenstillstand fordern und für ein Ende des der Besatzung Palästinas ihre Stimme erheben, zum Schweigen zu bringen.
Gestern wurde der Palästina Kongress von der Polizei gestürmt und verboten. Die Entscheidung ist falsch und gefährlich. Das Verbot müsste alle alarmieren, die sich für demokratische Freiheiten, Antirassismus und Menschenrechte einsetzen.
Die Polizei argumentiert, es bestünde die Gefahr, dass es zu »volksverhetzenden, antisemitischen Rufen, Gewaltverherrlichung und Gewalttätigkeiten« kommen könnte. Statt den Grundlagen rechtsstaatlichen Handelns zu folgen und diese nur zu bestrafen, wenn ggf. eine Tat auch wirklich begangen wurde, reicht hier die Vermutung einer Behörde im Vorfeld, um ein Veranstaltungsverbot durchzusetzen. Sie haben den Livestream des Videos des Wissenschaftlers Dr. Salman Abu Sitta nach 1,5 Minuten unterbrochen und die Kontrolle über den Saal gestürmt. Dabei fielen keine verbotenen Äußerungen, die Polizei handelte mit völliger Willkür.
Gestern wurde außerdem Dr. Ghassan Abu Sitteh die Einreise nach Deutschland verweigert. Er wurde am Flughafen Berlin festgenommen. Dr. Ghassan Abu Sitteh ist nicht dieselbe Person wie Dr. Salman Abu Sitta, was die Medienvertreter:innen in Deutschland auch noch durcheinander gebracht haben. Er ist ein palästinensischer Arzt mit Spezialisierung auf plastische und rekonstruktive Chirurgie sowie Rektor der Universität Glasgow. Während der Schrecken der israelischen Bombardierung von Gaza verbrachte Abu Sitteh 43 Tage in Gaza mit "Ärzte ohne Grenzen" und arbeitete dort im Al-Shifa Krankenhaus. Er wollte seine Erfahrungen auf dem Kongress teilen. Es ist skandalös, dass nicht mal von den persönlichen Erfahrungen, die Ärzte in Gaza gemacht haben, hierzulande geredet werden darf.
Zwei Mitglieder des Vereins Jüdische Stimme wurden von der Polizei festgenommen. Leider sind wir an solche Bilder bereits gewöhnt: Jüdische Menschen in Deutschland, die festgenommen werden, weil sie gegen den in Gaza laufenden Genozid protestieren. Mit dem Vorwurf des Antisemitimus stehen Paletinerser:innen ohnehin unter Generalverdacht, doch hier in Deutschland können auch Jud:innen “antisemitisch” sein.
In der Repression gegen die Palästina-Solidaritätsbewegung markiert das Verbot des Kongresses eine neue Stufe, weil das Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit nicht nur eingeschränkt, sondern für mehrere Tage völlig ausgehebelt wurde.
Und das sind nur ausgewählte Highlights vom repressiven Verhalten der Polizei und des Staates. Wenn man gefragt hätte, wie man den Kongress international bekannt machen könnte, wäre dies eine gute Antwort gewesen.
Die Innenministerin Nancy Faeser lobt die Polizei für ein hartes Durchgreifen beim Kongress, während Internationale Organisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch das Verhalten der Polizei im Auftrag des deutschen Staates bereits massiv kritisiert haben. Deutschland steht unter starker Kritik im Hinblick auf die brutale Intervention und das Verbot des Palästina-Kongresses. Die internationale Medienlandschaft ist erschreckt und verwundert, man vergleicht Deutschland inzwischen mit Ländern wie der Türkei oder Russland. Wir prüfen juristische Maßnahmen und bitten auch in diesem Zusammenhang weiterhin um Spenden. Die Infos dazu findet ihr auf unserer Webseite.
Wir rufen auf zu einer Demonstration gegen das Verbot des Palästina Kongresses. Kommt heute um 14:00 Uhr zum Neptunbrunnen! Wir lassen uns nicht zum Schweigen bringen!
Wir fordern immer noch und immer wieder:
Die Aufhebung des Verbotes des Palästina Kongresses
Schluss mit der Kriminalisierung und Repressionen der Palästina-Solidaritätsbewegung in Deutschland. Sofortiger Stopp jeder Kriminalisierung palästinensischer Organisationen und Individuen, sowie aller Abschiebungen.
Sofortige Einstellung jeglicher militärischer, diplomatischer und wirtschaftlicher Unterstützung Israels durch den deutschen Staat sowie ein umfassendes Militärembargo.
Vollständige Reparationen Israels, Deutschlands und weiterer Verbündeter an das palästinensische Volk.
Nein zu der Verwendung der IHRA Definition durch jegliche Institutionen oder staatliche Behörden.
Sofortige Aufhebung jeglicher Beschränkungen humanitärer Hilfe nach Gaza und die volle Ausfinanzierung der UNRWA.
Sofortige Öffnung aller Grenzübergänge von Rafah bis Allenby. Reißt die Apartheidsmauern ein.
Sofortiger Waffenstillstand, sofortiger Rückzug der israelischen Armee
Durchsetzung des Rückkehrrechts der palästinensischen Geflüchteten sowie Ende des seit über 76 Jahren andauernden zionistischen Siedlerkolonialismus und ethnischer Säuberung des gesamten besetzten Palästinas.
Es bleibt dabei: Deutschland unterstützt einen Genozid und wir klagen es an!!!!
(english below)
The state's repression against the Palestine Conference shows that the German government does not want us to address and prosecute its complicity in the genocide in Gaza. While the German government shamelessly supports genocide in plain view of the world, democratic rights here in Germany are being undermined to silence protests from Jews and Palestinians who demand a ceasefire and raise their voices for an end to the occupation of Palestine.
Yesterday, the Palestine Conference was stormed and banned by the police. The decision is wrong and dangerous. The ban should alarm everyone who stands for democratic freedoms, anti-racism, and human rights.
The police argue that there is a risk of "incitement to hatred, anti-Semitic chants, glorification of violence, and violence." Instead of following the principles of the rule of law and punishing these only if a crime has actually been committed, here the presumption of an authority beforehand is enough to enforce a ban on the event. They interrupted the livestream of the video of the scientist Dr. Salman Abu Sitta after 1.5 minutes and stormed the venue. No forbidden statements were made, the police acted with complete arbitrariness.
Additionally, Dr. Ghassan Abu Sitteh was denied entry into Germany yesterday. He was detained at Berlin Airport. Dr. Ghassan Abu Sitteh is not the same person as Dr. Salman Abu Sitta, which even confused media representatives in Germany. He is a Palestinian doctor specializing in plastic and reconstructive surgery and is the rector of the University of Glasgow. During the horror of the Israeli bombing of Gaza, Abu Sitteh spent 43 days in Gaza with "Doctors Without Borders" and worked at Al-Shifa Hospital. He wanted to share his experiences at the congress. It is scandalous that even the personal experiences of doctors in Gaza cannot be talked about here.
Two members of the Jewish Voice association were arrested by the police. Unfortunately, we are already accustomed to such images: Jewish people in Germany being arrested for protesting against the ongoing genocide in Gaza. Palestinians are already under general suspicion of anti-Semitism, but here in Germany, Jews can also be labelled as "anti-Semitic."
In the repression against the Palestine solidarity movement, the ban on the congress marked a new level because the fundamental right to freedom of opinion and assembly was not only restricted but completely suspended for several days.
And these are just selected highlights of the repressive behaviour of the police and the state. If asked how to make the congress internationally known, this would have been a good answer.
Interior Minister Nancy Faeser praises the police for their tough action at the congress, while international organisations such as Amnesty International and Human Rights Watch have already heavily criticised the police's behaviour on behalf of the German state. Germany is under strong criticism for its brutal intervention and banning of the Palestine Conference. The international media landscape is shocked and puzzled, now comparing Germany to countries like Turkey or Russia. We are examining legal measures and continue to ask for donations in this context. You can find the information on our website.
We call for a demonstration against the ban on the Palestine Congress.
Come today at 2:00 p.m. to the Neptune Fountain! We will not be silenced!
We still demand:
● The lifting of the ban on the Palestine Congress
● An end to the criminalization and repression of the Palestine solidarity movement in Germany. Immediate cessation of any criminalization of Palestinian organizations and individuals, as well as all deportations.
● Immediate cessation of all military, diplomatic, and economic support to Israel by the German state as well as a comprehensive military embargo.
● Full reparations from Israel, Germany, and other allies to the Palestinian people.
● Rejection of the use of the IHRA definition by any institutions or state authorities.
● Immediate lifting of any restrictions on humanitarian aid to Gaza and full funding of UNRWA.
● Immediate opening of all border crossings from Rafah to Allenby. Tear down the apartheid walls.
● Immediate ceasefire, immediate withdrawal of the Israeli army.
● Enforcement of the right of return of Palestinian refugees and an end to over 76 years of Zionist settler colonialism and ethnic cleansing of the entire occupied Palestine.
Germany supports genocide, and we accuse it as such!!!!
Statement regarding the banning of the Palestine Conference on April 12th 2024
Contact:
info@palaestinakongress.de